Dr. Maus kommt heut ins Haus
Praxis im Detail 109 / Juni 2024
Eine Leseanimation zum Bilderbuch von Reinhard Ehgartner mit Illustrationen von Helga Bansch, Tyrolia Verlag 2021
Auf der Suche nach einem Bilderbuch für eine Leseanimation mit Kindern im Kita- und Spielgruppenalter stiess ich auf das Buch «Dr. Maus kommt heut ins Haus». 2021 stand dieses Buch im Mittelpunkt der Aktivitäten zu «10 Jahre Buchstart Österreich» und des Projekts «Lese-Rezepte», das Einrichtungen des Gesundheitswesens einlädt, Lesefreude zu verschreiben (vgl. Informationen im Buch selbst). Das Motto: «Bücher können helfen und heilen» schien mir passend für das Lesefestival «Thalwil liest», bei dem ich den Geschichtenanlass plante. Kurz darauf kam die Anfrage einer Bibliothek, ob ich beim Schweizerischen Vorlesetag eine Geschichte mit inklusivem, halbstündigem Bastelangebot machen wolle. Ich sagte zu, mit der Absicht, Dr. Maus dort ein zweites Mal zu erzählen. Zu spät realisierte ich, dass der Leseanlass an Kinder von 5-8 Jahren gerichtet war. Kann ich dieses Buch für zwei verschiedene Altersklassen wirklich einsetzen??? JA, es ging wunderbar und war eine bereichernde Erfahrung!
So reisten Dr. Maus inklusive vollbepacktes Einkaufswägeli per Bahn zur Bibliothek. Wir richteten uns ein und warteten gespannt auf die Kinder. Mit Ausnahme eines 1. Klass-Mädchens waren alle anwesenden Kinder im Kindergartenalter. So wurde der Altersunterschied doch noch geringer als gedacht.
Um eine grosse zeitliche und inhaltliche Flexibilität zu erhalten waren der Einstieg ins Thema, die Geschichte selbst, aber auch das Bastelangebot frei kürzbar oder ausbaubar.
Einstieg
Dr. Maus wird gerufen, er stellt sich vor und führt das echte Stethoskop ein (für das später folgende freie Spiel gab ich gleich den Hinweis, dass damit sorgfältig umgegangen werden muss: steckt es in den Ohren, darf nur leicht darauf geklopft werden, um die Ohren zu schonen).
Anhand eines Würfels mit 6 Einschubmäppchen wurden verschiedene Patienten vorgestellt:
Ein Kind durfte jeweils würfeln. Je nach Bild konnten die Kinder ihr medizinisches Fachwissen einbringen (da war der Unterschied zwischen den Altersklassen klar sichtbar) und eine entsprechende Handlung / Bewegung durchführen (was alle Kinder liebten…).
1_Mädchen => Bauchmassage
2_Bär => Hände fest aneinander reiben und auf die Augen / auf die Stirne legen, Wärme geniessen
3_Gans => zuerst sich überall kratzen, dann Körperteile eincremen
4_Dalmatiner => die Punkte am ganzen Körper mit Klopfen per Fäuste «ankleben»
(Anmerkung: der Zufall wollte es, dass es beim 2. Durchführungsort einen gossen Plüsch-Dalmatiner im Spielangebot hatte, er wartete dann geduldig im Wartezimmer.)
5_Frosch => auf einem Bein hüpfen
6_Krokodil => fiktives Halswehbonbon lutschen und sich Nacken / Hals reiben
Geschichte
Erst nach dieser Aufwärmphase begann, angezeigt durch das Musikörgeli (es ist immer wieder wie ein Zauber, wie still und andächtig die Kinder durch diese Musik werden…), die eigentliche Geschichte. Die Tiere mit ihren Beschwerden im Wartezimmer (1. Seite) waren durch das gemeinsame Würfelspiel bereits bekannt. Dr. Maus erzählte dann, dass er neben medizinischen Massnahmen immer auch ein passendes Buch verschreibt. Bisher verdeckt von einem Tuch, kam eine Auswahl an Büchern zum Vorschein. Die Kinder (oder ein Abzählvers oder ich) bestimmten, zu welchem Buch ich die entsprechende Episode und Bilder aus dem Bilderbuch erzählen sollte. So konnte ich die Anzahl der kleinen Geschichten je nach Aufmerksamkeitsspanne der Kinder, dem zeitlichen Rahmen oder dem Inhalt anpassen, was mir eine grosse Flexibilität gab.
Die möglichen Episoden waren:
- Buch mit Heldensagen (Knabe hatte Angst vor einem bellenden Hund)
- Kräuterbuch und Zwick-Zwack-Tee (Mädchen ass zu viel Erdbeerknödel; bei den jüngeren Kindern war es Erdbeereis). Anmerkung: Zwick-Zwack-Tee gibt es von der Firma Sonnentor und ist in Drogerien bestellbar.
- Piratenbuch mit Apfel (Kind hatte Fernweh)
- 3 «Gedichtbücher» und ein Foto eines Lesezeltes (Mädchen war traurig). Da bot sich zusätzlich als Auflockerung und Beispiel eines «Verses» folgender Bewegungsvers an: Öpfel, Öpfelstückli, ali Chind sind glückli, ali chind sind froh und mached grad eso! (Bewegung vormachen wie katschen, stampfen etc.).
- Bilderbuchgymnastik mit Fuchs (Kinder waren träge). Jedes Kind bekam ein Buch und wir führten gemeinsam verschiedene Turnübungen damit aus.
Es gibt im Buch «Dr. Maus…» mehr kleine Geschichten als von mir mitgebrachte Bücher. Ich wollte jedoch nicht alle erzählen und traf daher im Vorfeld eine Auswahl. Um die von Dr. Maus verschriebenen Bücher plastisch greifbar zu machen, habe ich bewusst keine erhältlichen Buchtitel gewählt, sondern ausgediente Exemplare mit einem eigenen, passenden Cover versehen.
Die Episoden selbst sind in Reim verfasst. Bei den älteren Kindern las ich diese jeweils vor und im Dialog übersetzten wir deren Inhalt in Mundart (Textbeispiel: Sieben süsse Erbeerknödel, schmeckten herrlich – tun jetzt weh. Dr. Maus verschreibt Miranda ein Kräuterbuch und Zwick-Zwack-Tee. Die Episoden gaben immer wieder Anlass für Fragen an die Kinder und deren Erlebniswelt, sodass schöne Dialoge entstanden.
Zwei Episoden wollte ich am Schluss mit Sicherheit erzählen:
- Pflaster (ein Kind fiel hin und musste verarztet und getröstet werden). Trostvers: Heile heile säge…
- Wenn alles nichts half, dann mit Blaulicht in die BIBLIOTHEK!!!
Bastelangebot
Gemeinsam falteten wir ein Maxi Book (A3 Papier): die älteren Kinder allein, mit wenig Hilfe wo nötig beim Falten und eingezeichnetem Strich für den Schnitt mit der Schere. Bei den jüngeren Kindern kamen die Bezugspersonen zum Einsatz.
Das Maxibook konnte dann jedes Kind nach Lust, Laune und Können so gestalten, wie es wollte:
- Rezept ausfüllen mit Namen, Alter, Massnahme, etc.
- Verletztes Tier / Person malen und mit Pflaster bekleben
- Aus «Schnipselpapier» (= Kopien von kleinen Bildern aus dem Buch) Sachen ausschneiden und kleben
Für schnelle oder lustlose Bastelnde standen zwei Dökterlikoffer mit vielfältigem Inhalt zum Auskundschaften und Spielen zur Verfügung. Bei den jungen Kindern gab es zusätzlich einen Koffer mit verschiedenen Bilderbüchern und Geschichten rund ums Kranksein und Spital.
Mit Eifer wurde gemalt, geschnipselt, geklebt, verarztet oder weitere Geschichten erzählt. An beiden Anlässen war die Stimmung sehr schön und gemütlich. Ich kam zusätzlich in den Genuss, dass mir Kinder ihre Geschichten der bepflasterten Tiere bis ins Detail erzählten. Wunderschön und berührend! Zum Abschluss erhielt jedes Kind für den Notfall einen Beutel Zwick-Zwack-Tee.
Materialien
Maxibook-Vorlage
Schnipselmaterial