Suppe ist fertig


Praxis im Detail 94 / November 2022

Buchstart-Veranstaltung zum gleichnamigen Bilderbuch von Susanne Strasser, Peter Hammer Verlag 2022

Gerne lasse ich mir dieses Mal über die Schulter schauen und erzähle von meiner Buchstart-Veranstaltung zum Bilderbuch «Suppe ist fertig» von Susanne Strasser.


Vorab: Für Buchstart bin ich ein Fan von Reihengeschichten. Sie bieten durch die Wiederholung eine klare Struktur, einen Rhythmus, der viel Möglichkeiten für Verse und Reime gibt. Ich bin jedoch auch von den Pappbüchern von Susanne Strasser sehr angetan: Sie baut ihre Reihengeschichten mit einer Hand voll Tieren auf, die möglicherweise nicht immer alle den Kindern sehr vertraut sind (Flamingo, Storch, Biber und Co.) In jeder Geschichte taucht das Kind auf, welches weder Mädchen noch Knabe ist und somit für alle Kinder eine Identifikationsfigur sein kann. Zudem gibt es nach einem ähnlichen, wiederholenden Element immer eine überraschende Wendung in der Geschichte. Die Bilder sind jeweils übersichtlich gestaltet und von Form und Farbe her klar. Somit war ich auf Strassers neustes Werk gespannt. «Suppe ist fertig» erschien dieses Jahr bei Peter Hammer Verlag und erfüllt für mich alle Kriterien.

Herangehensweise

Wenn ich mich für ein Buch für eine neue Buchstart-Veranstaltung entschieden habe, betrachte ich die Bilder genau und lese den Text einmal durch. Dann lasse ich diesen Eindruck auf mich wirken. Bevor ich konkret an die Planung gehe, trage ich die Geschichte mit mir herum. Die besten Einfälle zu einer Animation kommen mir irgendwann wie zugeflogen, sei es unter der Dusche, morgens im Halbschlaf oder bei einer alltäglichen Verrichtung. Während eine Kollegin für die gleiche Geschichte zu jedem Tier einen Reim oder Vers suchte, entstanden für mich andere Anknüpfungspunkte. Einerseits spielen die Geräusche «schnipp schnipp schnapp», «ritsch ratsch», «knicks knacks», «klonk» und «rispel raspel, rispel raspel» eine Rolle. Andererseits wird durch jedes hinzukommende Tier wie beim bekannten Spiel «Ich packe i min Koffer» die Liste der Zutaten immer länger. «Für eine gute Suppe braucht man… rote Rüben… und grünes Gras… und zarte Zweige… und einen knackigen Knochen…  und frische Fichtenzapfen».

Eine Animation für junge Kinder soll für mich ein guter Mix aus Gegensätzen sein: in Bewegung sein / bewegt werden versus sitzend Schauen / Staunen, selbstaktiv versus «Streicheleinheiten» empfangen, vertraut versus neu, lebendig / lustig versus ruhig. Mit dieser Idee stöberte ich in meinem Fundus von Büchern mit Versen und Reimen, gesammelten Ideen von anderen Leseanimatorinnen und der wertvollen Datenbank von vers-und-reim.net. – Oh toll, da ist ein Fingervers, den könnte ich abändern… – das Lied drängt sich als roter Faden fast auf und ist bereits von anderen Buchstarts vertraut… – die Kinder suchen so gerne, da könnte ich doch… – und wie war der Spruch jeweils vor dem Essen? Sehr schnell war meine Ideensammlung komplett.

Die Reihengeschichte lebt von der Rhythmisierung: Das Kind kocht Suppe. Ein Tier nach dem anderen steuert seine Zutat bei. Der Pfannendeckel wird geöffnet und geschlossen («Deckel uf – Deckel zue»). Ergänzend zum Einsatz des Liedes «Suppetopf, Suppetopf, rüehr i mit dr Chelle…» wird eifrig in einer Pfanne gerührt.Neben den Illustrationen im Buch bietet sich bei Reihengeschichten die zusätzliche Visualisierung der Tiere an. Während ich bei einer anderen Geschichte dies mit den entsprechenden Tieren von Schleich gemacht hatte, wollte ich dieses Mal mit der Erzählschiene arbeiten. Schnell war klar, dass die übliche Erzählschiene zu kurz ist. Im Keller fand ich dann die nötigen Sachen, um eine entsprechende Kulisse zu bauen. (Bild 1)

1_Konstruktion der Kulisse

Einrichtung der Spielebene für die Geschichte

Mit Stativ und Kamera ausgerüstet, fotografierte ich mir alle Figuren aus dem Buch. Das gab mir die Möglichkeit, sie vergrössert auf festeres Papier zu drucken. Verstärkt mit einem zweiten festen Papier und bestückt mit Zahnstochern waren dann die Figuren einsatzbereit. 

In der Bibliothek stellte ich die Kulisse wie oben abgebildet auf. Zusätzlich hatte ich einen Kinderkochherd und eine Pfanne inklusiv Schöpfkelle dabei. Die eintreffenden Kinder spielten mit dem Chöcherliherd. Das versteckte Holzharässli bot mir Platz für alles Material, das ich während der Animation benötigte. Nach dem üblichen Ritual mit dem Begrüssungslied, mit der Ritualfigur «Zottelbär» (und dem gleichnamigen Lied) wurden die Kinder mit Hilfe des Musikdösli ruhig.

Ablauf

Bilderbuch: Es ist 12 Uhr Mittag. Zeit für Suppe.Das Suppenlied wird mit Pfanne und Schöpfkelle ein erstes Mal gesungen. Regelmässige Buchstart-Besucher kennen dieses Lied bereits. In abgeänderter Form haben wir dazu in der Weihnachtszeit Guezliteig, im Sommer Kuchenteig gerührt. Dank einem Austauschtreffen unter uns Leseanimatorinnen kann ich nun sogar Noten dazu liefern!

Das Suppenlied kommt als wiederholendes Element immer wieder vor. So entsteht ein rhythmisierter Ablauf, der sich bei Pferd, Gans, Ziege, Hund und Eichhörnchen wiederholt:

  • Tier einführen (ab dem dritten Tier kann dies mit einem kleinen Rätsel stattfinden)
  • Mit dem Buch wird die entsprechende Tierseite erzählt
  • Es folgt ein passender Vers, falls es dazu einen gibt
  • Die entsprechenden Zutaten werden mit dem zugehörigen Geräusch in den Topf getan und mit dem Suppenlied gut durchgerührt
  • Die Tierfigur wird mittels Zahnstocher in den Kartonstreifen gesteckt. Dazu sage ich den passenden Satz. Daraus entsteht dann später zusammengefügt ein Fingervers
  • Neues Tier wird eingeführt
3_Szenen mit Pferd

Die Kinder lieben den Kniereiter vom «Joggeli, wotsch go ryte». Das Pferd (Bild 3) bietet die Möglichkeit, diesen bekannten, lustvollen Kniereiter durchzuführen.

Joggeli, wotsch go ryte? Jo, jo, jo!
Hesch d Bei uf beide Syte? Jo, jo, jo!
Hesch em Rössli z ässe gäh? Jo, jo, jo!
Hesch em Rössli z trinke gäh? 
Nei, nei, nei!
Denn ritet mir zum Brunne
Und ritet drümol ume,
Denn macht das Rössli trapp
Und rüert de Joggeli ab!

tradiert

Beim Hund folgt folgender Kitzelvers:

Morgestündli
chunnt es Hündli, 
macht viel Krach
und chrüselet di wach.

www.vers-und-reim.net

Da das Eichhörnchen auch oft Haselnüsse sucht und versteckt, bekommt jede Begleitperson eine Haselnuss und versteckt sie in einer Hand. Zum folgenden Spruch werden die beiden Fäuste abwechselnd und rhythmisch aufeinandergeschlagen und am Schluss darf das Kind raten, in welcher Faust die Nuss versteckt ist.

Rigel, Ragel Russ,
wo isch die Nuss?

U. Hollenweger

Nun haben fünf Tiere ihre Zutaten gebracht und somit kann der Fingervers folgen. Ich habe bei vers-und-reim.net den Fingervers «Das ist die Katze, die macht miau» entdeckt und für diese Geschichte abgeändert.

Das ist das Pferd, das macht 
schnipp, schnipp, schnapp!
Das ist die Gans, die macht
ritsch, ritsch, ratsch!
Das ist der Hund, der macht wu, wu, klonk!
Das ist das Eichhörnchen,
das macht rispel, raspel!
Und das ist die Ziege, die macht
knicks, knacks, meck!
Und jetzt sind alle Tiere weg!

abgeändert, passend zur Geschichte: U. Hollenweger

Unsere Tiere sind jedoch noch da und warten bereits ungeduldig auf das Essen. Das Kind gibt noch Salz dazu (Bilderbuch). Die Tiere rufen ungeduldig:

Mami, Papi ich han Hunger!
Wo, wo, wo?
Do, do, do!

Bevor die Tiere essen (Bilderbuch), gibt es noch ein:

Ma-ma, Mutschi
un, deux, trois
buon appetito
en Guete mitenand!

Und nun folgt in der Geschichte der Überraschungseffekt: Die Suppe schmeckt schrecklich! Susanne Strasser hat diese Szene wunderbar illustriert und mit meiner entsprechenden Mimik finden es die Kinder sehr lustig. Dass etwas «gruusig» ist, kennen sie bestimmt aus ihrem eigenen Alltag.

8_Szene mit Schwein

(Bild 8) Verspätet trifft das Schwein dazu (Bilderbuch), riecht an der Suppe und ruft «Puuh, was für ä Stinkbrüehe!» und zum Erstaunen der Tiere (und der Kinder) ist es seine Lieblingssuppe. Es trinkt den ganzen Topf leer. Und was nun? Den Schluss der Geschichte verrate ich hier nicht!

9_Impressionen der Veranstaltung

Via Musikdösli wird die eigentliche Animation beendet. Damit zuhause die Verse in Erinnerung bleiben, gibt es ein Minibook. Bei mir bekommen die Begleitpersonen eine kopierte A4 Seite. Unter Anleitung wird zusammen das Minibook gefaltet. Im Anschluss singen wir das Schlusslied. Mir hat diese Buchstart-Veranstaltung viel Spass gemacht. Ich möchte mich bei allen Kolleginnen bedanken, die mich in irgendeiner Weise inspiriert haben.