1. Dezember 2021
Im Winterwald hinter den sieben Hügeln steht, gut versteckt zwischen Tannen und Fichten, ein kleines Holzhaus mit angebautem Stall. Aus dem Kamin steigt Rauch auf. Vor Tagesanbruch scheint Licht aus einem einzigen Fenster. Wer wohnt wohl hier, abgeschieden von der Zivilisation, im tiefen Wald, und ist so früh am Morgen schon wach?
Nähern wir uns diesem Häuschen doch und werfen einen Blick durch das erleuchtete Fenster: Ein alter, bärtiger Mann im karierten Flanellhemd und einer Wollweste macht sich am Herd zu schaffen. Er legt ein Holzscheit nach und verschiebt den Kaffeekocher. Dann dreht er sich um, setzt seine Lesebrille auf und bepinselt die Zimtsterne, die auf einem Backblech auf dem Küchentisch liegen, mit Zuckerglasur. Eine graue Katze streicht ihm um die Beine. Er holt einen Milchkrug aus dem Küchenschrank und giesst ihr etwas davon in einen Teller am Boden. Nun geht die Küchentür auf, eine kleine, alte Frau mit einem runzligen Gesicht wie ein schrumpeliger Winterapfel tritt ein. «Bist du schon auf, Klaus?» fragt sie. «Der Rücken schmerzte. Ich wusste nicht mehr, wie liegen. Und Arbeit haben wir ja im Moment mehr als genug», gibt er zur Antwort. «Ich helfe dir, sobald ich die Tiere versorgt habe», meint sie und verlässt die Küche wieder.
Eine halbe Stunde später sitzen die beiden alten Leute am Küchentisch und trinken ihren Morgenkaffee. «Glisglis ist wach», erzählt die Frau. «Ich hab’ ihn zuerst rascheln gehört und dann über einen Holzbalken im Stall huschen sehen.» Der Mann lächelt: «Der wohnt jetzt schon seit so vielen Jahren bei uns, und jedes Jahr Anfang Dezember wird er wach, damit er den Nikolaustag auf keinen Fall verpasst.» – «Das ist wirklich schier unglaublich! Und für einen Siebenschläfer ist er auch erstaunlich zahm.» Der Mann nimmt einen Schluck Kaffee. «Daran studiere ich schon lange herum», meint er. «Die sehr scheuen Tiere, die sich selbst vor mir fürchten, verpassen den Nikolaustag jedes Jahr, dabei liegen mir gerade diese sehr am Herzen. Was könnte ich denn tun, um diese Tiere zu erreichen?» – « Früher hast du für die scheuen Vögel doch jeweils Vogelfutter an die Bäume gehängt», erinnert ihn die Frau. Die Augen des alten Mannes leuchten auf: «Stimmt! Wie konnte ich das bloss vergessen?», meint er, «das habe ich früher wirklich immer gemacht.»
Im Laufe des Tages sehen wir den alten Mann Fett schmelzen, mit Vogelfutter vermengen und in leere Nussschalenhälften streichen. Draussen auf der Holzbank lässt er seine Futternüsse fest werden. Bestimmt werden sich die Vögel über die Überraschung freuen.
Wenn du wissen möchtest, warum Glisglis beim Nikolaus lebt, kannst du dies im Buch «Wach auf, Siebenschläfer, Sankt Nikolaus ist da» von Eleonore Schmid nachlesen (ISBN 978-3-314-10124-3). Wenn du selbst auch Vogelfutternüsse herstellen willst, findest du hier eine Anleitung:
Du brauchst einige leere Nussschalenhälften, Kokosfett, Vogelfutter und Hanfschur.
Bohre die Nüsse oben sorgfältig an. Schneide Schnurstücke von etwa 20 cm, verknote sie an einem Ende und fädle sie von innen durch die Bohrlöcher in den Nussschalen. Schmilz das Fett im Wasserbad (in einer Konservendose). Giess das Fett in die Nussschalenhälften, und lass es ein bisschen abkühlen. Wenn es fest zu werden beginnt, drückst du Vogelfutter hinein und lässt deine Nüsse dann abkühlen.
Hänge die Nüsse an die Zweige eines Baumes oder Strauches. Hoffentlich werden sie bald von einem Vogel entdeckt.
Franziska Honegger Roth