Der „etwas andere Osterhase“

12. April 2020


Ein Märchen aus Russland

Zum Geschichtenschatz gehören nebst Buchgeschichten auch immer wieder erzählte Märchen. Und weil ich diese so gerne habe, bringen heute der «etwas andere Osterhase» und ich eines zu euch nach Hause. Ein Märchen und eine märchenhafte Nascherei warten auf euch…

Vater Bär und seine Lausbuben

Ein Bärenvater hatte zwei Buben, zwei Lausbuben, er hatte aber keine Frau mehr.
Und das brachte Probleme mit sich: Immer, wenn er in den Wald ging, trieben seine Buben Unfug. Sie sprangen in Wasserpfützen und heckten Streicheaus, stritten und kämpften miteinander und schrien und lachten.
Als der Vater wieder einmal fort war, fanden sie im Wald etwas Herrliches: ein Dreckloch mit Matsch und Schlamm darin. Da stellten sich beide nebeneinander an den Rand der Grube, gaben sich die Hände und sprangen zusammen hinein. Dann stampften sie im Dreck herum– pflitsch, pflatsch, pflotsch – spritzten einander mit beiden Händen an, bis sie von oben bis unten voll Dreck waren.
In diesem Augenblick lief Frau Fuchs vorbei, schüttelte den Kopf und schrie:
«Unglaublich, was ihr da macht! Was wird wohl euer Vater sagen, wenn er euch so
schmutzig sieht?»
Doch die beiden Bärchen lachten nur und riefen: «Das ist uns so lang wie breit, so lang wie breit, Frau Pinselschwanz, Frau Pinselschwanz!»

Dies liess sich Frau Fuchs aber nicht gefallen und beklagte sich noch am selben Abend bei Vater Bär.
Der wurde nachdenklich und dachte: Ich darf meine Kinder nicht mehr alleinlassen. Ich brauche jemanden, der sie hütet, wenn ich fortgehe. Aber wo finde ich einen Helfer?
Er dachte lange nach, aber es fiel ihm niemand ein. Bären leben allein, ohne Nachbarn und Freunde. Da ging er einfach in den Wald auf die Suche und nahm einen Sack mit Honigplätzchen mit.

Bald begegnete er einem Raben und fragte:
«Hütest du mir meine Buben, wenn ich auf die Jagd gehe? Für drei Honigplätzchen am Tag?»
Der Rabe war ganz versessen auf Honigplätzchen und sagte zu.
«Aber kannst du mit Lausbuben umgehen?»
«Wenn sie frech werden», sagte der Rabe, «dann krähe ich sie einfach an.»
«Oh nein!» sagte Vater Bär, «dich kann ich nicht brauchen. Du machst meinen Kindern nur Angst.»
Darauf ging er weiter und traf den Wolf. Auch der hätte die Kleinen gerne für drei Honigplätzchen am Tag gehütet.
«Aber kannst du denn überhaupt mit Lausbuben umgehen?» fragte Vater Bär. «Und was machst du, wenn sie frech werden?»
«Wenn sie frech werden», sagte der Wolf, «dann heule ich sie einfach an.»
«Oh nein!» sagte Vater Bär, «dich kann ich nicht gebrauchen. Du machst meinen Kindern nur Angst.»
Darauf ging er weiter und traf ein kleines Häschen. Vater Bär traute dem kleinen Kerlchen das Hüten zwar nicht zu, fragte es aber trotzdem:
«Willst du meine Buben hüten, wenn ich auf die Jagd gehe? Für drei Honigplätzchen am Tag?»
«Ja, vielleicht», sagte das Häschen, «ich kann es ja einmal versuchen. Und wenn es nicht geht, dann schickst du mich eben wieder fort».
«Aber was machst du, wenn sie frech werden?»
«Oh, weisst du, wenn sie frech werden sollten», sagte das Häschen, «dann sage ich einfach zu ihnen: Hört Kinder, hört und kommt zu mir, ich erzähle euch eine Geschichte. Oder wir singen ein Lied, oder pfeifen oder hüpfen herum. Oder wir spielen zusammen. Oder ich kratze sie am Bauch oder nehme sie in meine Arme.»
Diese Antwort beeindruckte Vater Bär, und er sagte: «Du bist genau der Richtige. Du hast meine Buben gern, und sie werden dich auch gernhaben.»
Das Häschen wurde ganz verlegen und sagte: «Mach keine grossen Geschichten und gib mir ein Honigplätzchen.»
Und Vater Bär gab ihm eine ganze Hand voll davon und führte seinen neuen Freund nach Hause.
Von nun an hütete das Häschen immer die Buben, wenn Vater Bär fortging. Und es erzählte ihnen Geschichten, sang, pfiff und spielte mit ihnen, hüpfte mit ihnen herum und kratzte sie am Bauch und nahm sie in seine Arme.
Und die Kleinen genossen die Zeit mit dem Häschen und waren gehorsam und brav – jedenfalls fast immer.

Quelle: Margaret Mayo, Le Singe très malin, Paris 1997, aus dem Französischen übersetzt und neu erzählt von Paul Strahm

Rezept für Honigtatzen

150 g Butter
125 g gemahlene Haselnüsse
250 g Dinkelmehl fein
125 g Honig (wer es lieber süsser hat, fügt noch ein wenig Vollrohrzucker bei)
Zimt oder Kakao nach Belieben
Die weiche Butter mit dem Honig und den restlichen Zutaten gut vermengen, bis ein fester Teig entsteht.
Eine Stunde kühlstellen.
Rollen formen und in nicht zu dünne Scheiben schneiden und mit der Gabel bis in die Hälfte vom Guetzli «Tatzen» eindrücken.
Mit flüssigem Honig bestreichen und bei 180 Grad etwa zehn Minuten backen.
Viel Freude beim Backen und Essen!

Mit wem magst du deine Honigtatze teilen? Mit Deinen Eltern, Geschwistern, oder vielleicht deinen Grosseltern?

Wenn euch dieses Märchen und das Rezept  gefallen haben, dann findet ihr hier noch ganz viele weitere Tipps, Anregungen und eine ganze Auswahl mit märchenhaften, kreativen Ideen, die sich gut umsetzen lassen: https://www.maerchenstiftung.ch/de/startseite