Der (zu) grosse Weihnachtsbaum

9. Dezember 2017


Heute ist es wieder so weit: Der Weihnachtsbaumkauf steht an. Wie jedes Jahr am 10. Dezember ist dies Direktorinnensache. Darum begibt sich die Direktorin auf den Weg zum Weihnachtsbaumwald. Wie immer ist die Auswahl verschiedener Tannenbäume gross. Die Direktorin hat jedoch genau im Kopf, welcher Weihnachtsbaum in ihrer Hotellobby aufgestellt werden muss und wie der auszusehen hat: hoch muss er sein, die Äste harmonisch von der Spitze her nach unten auslaufend, dicht aber nicht zu dicht, damit der Weihnachtsbaumschmuck zur Geltung kommt und oben eine hübsche Spitze, welche der extra fürs Hotel angefertigte Funkelstern zieren wird. Vielleicht erstaunt dieser Anspruch den einen oder die andere, denn, so scheint es, legt die Direktorin wenig Wert auf Äusserlichkeiten…!

Der Weihnachtsbaumkauf ist eine zeitraubende Angelegenheit und die Direktorin wägt bei jedem Baum das Für und Wider ab. Der Verkäufer verzweifelt beinahe und ist auch dieses Jahr froh, dass die Direktorin des Hotels Funkelstern ihren Wunschbaum gefunden hat, und er endlich Feierabend machen kann. Standesgemäss lässt sich Frau Kröte den Baum direkt ins Hotel liefern.

Der Portier und der Chef de Service stehen schon bereit, um den Weihnachtsbaum in der Lobby aufzustellen. Doch diesmal hat sich die Direktorin gehörig verschätzt: der gelieferte Baum ist zu hoch und seine Spitze wird an der Decke gekrümmt.

Mit einem unguten Gefühl klopft der Portier an die Direktorinnenbürotür, hinter welcher sich die Direktorin ihren wichtigen Hoteldirektorinnengeschäften widmet. „Frau Direktorin“, sagt der Portier mit seiner näselnden Stimme, „es gibt da ein Problem mit dem Weihnachtsbaum.“ Die Direktorin hebt den Kopf und schaut ihren Angestellten mit ihren grossen Augen ungläubig an, hat sie doch den perfekten Baum ausgewählt. „Naja,… er… ist…hüstelhüstel… zu… hoch“, ringt sich der Portier durch, seine schlechte Nachricht zu überbringen. „Zu hoch“, wiederholt die Direktorin ;“zu hoch gibt es nicht. Schneiden sie doch die Spitze ab!“ schlägt sie ganz pragmatisch, wie es ihre Art ist, vor und widmet sich wieder ihren Geschäften. Erleichtert über diese einfache Lösung des Problems begibt sich der Portier zurück in die Lobby und schneidet den Weihnachtsbaum auf die optimale Höhe zurecht. Um den Schnitt zu kaschieren, steckt er sofort den Funkelstern oben drauf, obwohl er ja weiss, dass der Rest des Baumes traditionellerweise erst am 22. Dezember von den Gästen geschmückt wird.

Er weiss auch schon, was er mit der abgeschnittenen Spitze macht. Der Portier kennt da jemanden, der sich über einen Weihnachtsbaum im Zimmer sehr freuen wird, auch wenn er noch so klein ist…

Überglücklich nimmt das Zimmermädchen die geschenkte Baumspitze entgegen und stellt sie sofort in ihrem Zimmerchen auf. Oje, das Weihnachtbäumchen ist ein bisschen zu hoch! Ohne zu zögern schneidet das Zimmermädchen die Spitze ab und wirft sie in einem unbeobachteten Moment in den Abfall- ohne zu ahnen, dass sie damit den Grundstein legt für eine aussergewöhnliche Geschichte über ein kleines Stück vom Glück. Und wer genau hinschaut, merkt, dass die oberste Spitze des hohen Weihnachtsbaums in der Hotellobby den Weg zurück ins Hotel Funkelstern gefunden hat…

Idee und Bilder aus: Ein kleines Stück vom Glück von Robert Barry und Ute Krause, Fischer Schatzinsel, 3. Auflage 2007

Bild Weihnachtswald (etwas präpariert) aus: Der kleine Christbaum von Ruth Wielockx, aracari Verlag 1. Auflage 2015 (vorgestellt im Leseanimatorinnen SIKJM Adventskalender 2016)

Viel Freude an einem schönen und perfekten Weihnachtsbaum wünscht Brigitte Zurkirchen.