böse

25. Januar 2017


Lorenz Pauli und Kathrin Schärer: „böse“, atlantis, 2016, ISBN: 978-3-7152.0720-9

Der Titel dieses Buches weckt Erwartungen! Wird da Kindern tatsächlich Böses zugemutet?
Die Tierköpfe auf dem Titelbild lassen Zweifel aufkommen. Sieben Tiere schauen entsetzt, schockiert, verschreckt und kritisch über eine Mauer. Kathrin Schärers Tierfiguren kennen und lieben wir: Gleichzeitig naturalistisch und charaktervoll auf schlichtem Hintergrund.

Lorenz Pauli erzählt uns, wie sich die Bauernhoftiere gegenseitig mit „Bösheit“ übertrumpfen. Der Hund erschreckt den Hahn, die Ziege frisst die Blumen aus dem Garten, die Taube scheisst dem Bauern auf den Hut, …wobei all diese Aktionen meiner Meinung nach nicht Bosheiten zeigen, sondern höchstens Scherze, Frechheiten oder Streiche. Die Katze dann lauert der Maus auf und will sie fangen. Das Pferd hingegen kommt ihr zuvor und zertritt die Maus kurzerhand mit seinem Huf. Die anderen Tiere sind entsetzt, denn das finden sie nun wirklich böse. Es zeigt sich aber, dass das Pferd der Maus das Leben gerettet hat, indem es sie in seinem Hufeisen vor der Katze versteckt hat. Die Argumentation des Pferdes scheint mir aber nicht logisch. Es meint, die Katze solle die Maus nicht jagen, denn sie bekomme ihr Futter vom Bauern. Wenn der Bauer seine Katze artgerecht hält, wird er sie aber auch mit Fleisch füttern. Ist es für die Katze nun ethisch korrekter, Fleisch von Tieren zu fressen, die in einem weit entfernten Schlachthof zu Tode kamen?

Laut Verlagsangaben ist dieses Buch für Kinder ab vier Jahren geeignet. Ich würde es für Kinder ab sechs empfehlen. Es eignet sich als Ausgangspunkt für ein Gespräch zum Thema „böse“. Sind die Streiche der Tiere böse? Ist die Katze böse, weil sie Mäuse frisst? Und – falls ja, – wie ist es mit Menschen, die Fleisch essen?

Selbstverständlich bietet diese Geschichte auch die Gelegenheit, das Huf des Pferdes näher zu betrachten. Wie ist es möglich, dass das Pferd auf die Maus drauftritt, ohne sie zu zertreten? Trotz diesem kleinen Sachanteil ist „böse“ in erster Linie ein philosophisches Buch, das zum Diskutieren anregt.

Danke für das Rezensionsexemplar.

Franziska Honegger Roth, Leseanimatorin SIKJM