Eine alte Geschichte neu erzählt und illustriert
Das Weihnachtskind
von Rose Lagercrantz (Text) und Jutta Bauer (Illustrationen)
Aus dem Schwedischen von Angelika Kutsch
Moritz Verlag, 2. Aufl. 2016, 32 Seiten
ISBN 978-3-89565-309-4
Wir danken dem Moritz Verlag für das Rezensionsexemplar
Einfach und still
Wie schön und wohltuend, inmitten von glitzernden und glimmernden Weihnachtsdekorationen, neben Lametta behangenen und blinkenden Weihnachtsbäumen, unter hüpfenden Rentieren und hopsenden Weihnachtsmännern dieses einfache und berührende Weihnachtsbuch von Rose Lagercrantz mit warmherzigen Illustrationen von Jutta Bauer in den Händen zu halten. Da kann es schon mal vorkommen, dass der Weihnachtstrubel mit all seinen Geräuschen, von der immer wiederkehrenden gleichen Weihnachtsmelodie, über das Hupen des Weihnachts-Trucks, bis hin zu künstlichem Glockenklang ausgeblendet werden und eine Entschleunigung wie von selbst eintritt.
Die klassische Weihnachtsgeschichte aus dem Neuen Testament erzählt Lagercrantz neu in einer erfrischenden, direkten und ungeschönten Sprache, die einfach und (auch für Kinder) gut verständlich ist. Jutta Bauer unterstreicht mit ihren ehrlichen, ausdrucksstarken und dennoch einfühlsamen Illustrationen die Aussagen des Buches.
… „Und dort im Stroh wurde das Kind geboren. Es schrie, wie Kinder schreien sollen, wenn sie auf die Welt kommen. Es schrie und fror! Und lebte … Und Maria tat, was Mamas tun sollen. Sie wickelte das Kind in Stofffetzen und gab ihm die Brust. Und alles wurde gut.“
Sehnsucht und Hoffnung nach Frieden
Im Bilderbuch werden Maria und Josefs Wanderung nach Bethlehem, die Geburt ihres Kindes im Stall, die friedliche Stimmung in der Geburtsnacht, der von König Herodes befohlene Kindermord, die Flucht nach Ägypten und die Rückkehr nach Nazareth geschildert und mit Bildern untermalt. Lagercrantz bietet aber weit mehr als eine Nacherzählung aus dem Evangelium. Sie stellt die Sehnsucht nach Frieden und die unaufhörliche Hoffnung der Menschen auf Frieden ins Zentrum und schafft mit dieser Thematik einen Bezug zum aktuellen Geschehen: Noch immer sind Menschen auf der Flucht, Kriegsbilder erreichen uns täglich, die Sehnsucht nach Frieden und die Hoffnung halten an.
…„Aber nicht alles wurde so, wie man geglaubt hatte. Es kamen neue Kriege. Dennoch geben die Menschen die Hoffnung nicht auf. Sie hoffen noch immer.“
Warum feiern wir Weihnachten?
Rose Lagercrantz soll in ihrer Kindheit nicht gewusst haben, warum Weihnachten gefeiert wird. Da es wohl auch heute noch Kinder (und Erwachsene) gäbe, denen der Grund für die Weihnachtsfeier nicht bekannt ist, habe sie die Weihnachtsgeschichte neu aufgeschrieben.
Lagercrantz nennt das Buch ein Experiment. Sie hat den Anspruch, die Weihnachtsgeschichte so zu erzählen, dass sie für Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen und Religionen verständlich ist.
Im letzten Viertel des Bilderbuches gelingt es der Autorin zusammen mit der Illustratorin den Ursprung und den Sinn des Weihnachtsfestes zu erklären. Unabhängig von Kultur und Religion sind die Erzählung (eine Flüchtlingsgeschichte) und die Hinführung vom ersten Weihnachtsfest bis zu heutigen christlichen Weihnachtsfeiern gut verständlich und nachvollziehbar geschildert.
Ein Buch, nicht nur zur Weihnachtszeit
Ein Buch zum Vorlesen, Erzählen, Diskutieren, Philosophieren, Fragen und Erklären, Darstellen, Frieden stiften, Aufeinander zugehen, Hoffnung machen und Weihnachten feiern.
Wärmstens empfohlen für alle, die gerne leise und unspektakuläre, jedoch gehaltvolle Bücher mögen und für alle, die gerne (wieder) wissen und erfahren möchten, warum wir Weihnachten feiern.
Ich wünsche allen lichterfüllte Weihnachten und ein friedliches Miteinander!
Silvia Niederhauser, Leseanimatorin SIKJM